15.01.2021

Das Güstrower Frauenhaus bietet Frauen und Kindern, die Schutz vor häuslicher Gewalt suchen müssen, eine gesicherte und anonyme Wohnmöglichkeit sowie umfassende Beratung und Begleitung. Mit der Spende in Höhe von 1.000 Euro unterstützt die WGG die Einrichtung und will zugleich auf das Thema aufmerksam machen.

Das eigene Zuhause ist für die meisten ein Ort von Geborgenheit und Sicherheit. Hier fühlt man sich wohl, erholt sich, tankt Kraft und kommt zur Ruhe. Manchmal wird aber genau dieser Ort zu einer Gefahrenzone für Körper und Seele. Zu häuslicher Gewalt zählen nicht nur Schläge. Körperliche Gewalt ist nur ein Teilaspekt eines komplexen Verhaltensmusters, das umfassend auf Macht und Kontrolle zielt. Betroffene sind häufig auch psychischer Gewalt wie Demütigungen, Drohungen, Einschüchterungen, sozialer Isolation oder wirtschaftlichem Druck durch den Täter oder die Täterin ausgesetzt. Das Güstrower Frauenschutzhaus bietet Frauen und Kindern, die Schutz vor häuslicher Gewalt suchen müssen, eine gesicherte und anonyme Wohnmöglichkeit sowie Beratung, psychische Stabilisierung und Begleitung während des Aufenthaltes. Ziel ist, die Handlungsfähigkeit der Frauen wiederherzustellen, Frauen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken und sie zu befähigen, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten.

 

„Als Vermieter engagieren wir uns in vielfältigen Belangen rund um die Wohnung und das Wohnumfeld. Wir helfen auch bei Unstimmigkeiten unter Nachbarn, soweit es uns möglich ist und wir sind natürlich daran interessiert, dass es in den Wohnungen friedlich und harmonisch zugeht. Hinter der Wohnungstür können wir allerdings nicht mehr direkt helfend tätig werden. Gerade in einer Zeit, in der viele mehr Zeit zu Hause verbringen müssen, kommt es häufiger zu Spannungen. Ängste und Unsicherheiten durch die aktuelle Covid-19-Pandemie können Stress und damit verbundene Aggressionen auslösen. Hier greifen Beratungs- und Unterstützungsstellen. Eine davon ist das Frauenschutzhaus in Güstrow. Drei Sozialpädagoginnen leisten hier mit ihrer Arbeit einen unentbehrlichen und entscheidenden Beitrag.“, begründet Sozial-Manager Ingmar Schnell die Spende in Höhe von 1.000 Euro.


Bereits im Dezember übergab er im Namen der Geschäftsleitung der WGG zusammen mit Stephanie May einen Spendenscheck an die Leiterin Jaqueline Garske.

 

„Opfer von psychischer und physischer Gewalt brauchen Schutz. Wer in seiner Wohnung, seinem Zuhause, in dem man sich geborgen und sicher fühlen sollte, geschlagen und gedemütigt wird, braucht besonderen Schutz. Zwar werden unsere Mitarbeiter, die in direkten Kontakt zu Mietern und Miet-Interessenten stehen, für soziale Themen sensibilisiert und geschult. Dennoch können wir nicht verhindern, dass es zu Übergriffen in der Familie oder Partnerschaft innerhalb unserer Wohnungen kommt. Wir können aber mit dazu beitragen die Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam zu machen und Opfern und deren Angehörigen zeigen, wo sie Hilfe erhalten sowie Nachbarn dazu anhalten, die Augen und Ohren nicht zu verschließen.“, ergänzt Stephanie May das Anliegen.


Im Frauenschutzhaus Güstrow kann der Gewaltkreislauf durchbrochen und die Verarbeitung der Gewalterfahrungen ermöglicht werden. Rund um die Uhr ist hier jemand erreichbar. Auch Kinder bis 18 Jahren werden mit aufgenommen. Dabei ist Güstrow der einzige Standort in MV, an dem Wohnungen mit angeschlossen sind.


Im Gespräch mit den Sozialpädagoginnen Ronja Kohlschmidt, Sigrun Kohlschmidt und Jaqueline Garske wird deutlich, häusliche Gewalt konzentriert sich nicht auf bestimmte Altersgruppen oder gesellschaftlichee Schichten. Jeder kann zum Opfer werden. Doch wie kommt es soweit? Warum trennen sich die Frauen nicht einfach? Die Mitarbeiterinnen erklären, dass es meist ein schleichender Prozess ist. Eine Gewaltspirale besteht aus verschiedenen Phasen. Meist folgen Gewaltausbrüchen Reuephasen und dem Bemühen um Besserung. Die Betroffenen nehmen den Täter oft in Schutz und wollen zunächst auch keine Hilfe annehmen. „Es war ein Ausrutscher.“, „Es lag nur am Alkohol.“, „Es war mein Fehler.“, „Er hat sich ja entschuldig.“ Aber oft bleibt es nicht bei einem einmaligen Vorfall, die Angriffe wiederholen sich und werden in vielen Fällen schlimmer.
Auch der Verlust der Kinder und Existenzängste spielen mit hinein. Droht der Partner mit Suizid bei einer Trennung, nimmt auch das Verantwortungsgefühl die Opfer in den Bann. Meist entsteht der erste Kontakt zum Frauenschutzhaus dann über den Rat von Freunden oder Familienangehörigen.


Launisches und aggressives Verhalten, übertriebene Eifersucht, Kontrolle von finanziellen Ausgaben des Handys und zunehmende soziale Isolation können Warnsignale für das Umfeld sein. Opfer ziehen sich zurück, wirken unsicher und nervös. Auch plötzliche Gewichtsveränderungen oder ein erhöhter Konsum von Suchtmitteln wie Alkohol, Zigaretten oder Tabletten können auftreten. Ständige Erschöpfung oder Verletzungen können ebenfalls Warnsignale sein.


Das Frauenschutzhaus Güstrow ist Tag und Nacht für erreichbar und unterstützt Opfer, Hilfesuchende und auch aufmerksame Mitmenschen, die unsicher sind, ob und wie sie einschreiten können. 

 

Frauenschutzhaus Güstrow

Notrufnummer: 03843 683186
Handy: 0170 5777477
Mail: archeev@web.de

 

Gerade in der aktuellen Corona-Krise, die für Familien und Partnerschaften mit Kontaktbeschränkungen und Existenzängsten zu einer großen Belastung werden kann, ist es wichtig aufmerksam zu sein.
Oft entstehen Unsicherheiten: „Darf ich mich da überhaupt einmischen? Streiten die einfach nur? Mache ich es größer als es ist? Mache ich es schlimmer, wenn die Polizei dann weg ist und die Tatperson zurück in die Wohnung kommt?
Ein erster wichtiger Schritt kann darin liegen, das Gespräch zu suchen. Zu sagen, dass man sich Sorgen macht. Hilfe anbieten und auf Angebote aufmerksam machen. So bekommt die Betroffene das Signal: Da ist jemand, der mich unterstützt, es gibt Anlaufstellen, die mir helfen können.


Über die Initative „Stärker als Gewalt“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (https://staerker-als-gewalt.de/)  kann man sich weiter informieren. Um Betroffene zu unterstützen und sie vor häuslicher Gewalt zu schützen, gibt es von dort u.a. folgende Empfehlungen:

 

  • Hinschauen und Hinhören: Wenn Sie Warnsignale bemerken, die auf häusliche Gewalt hindeuten, ignorieren Sie diese nicht. Anzeichen können zum Beispiel zunehmender Lärm und Streit nebenan, verändertes Verhalten wie sozialer Rückzug oder äußere Merkmale von Gewalteinwirkung sein. Für Betroffene kann es in dieser Zeit mit geringen sozialen Kontakten besonders schwierig sein, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen – umso mehr sind die Nachbarinnen und Nachbarn jetzt gefragt.
  • Deeskalieren: Wer Zeugin oder Zeuge einer akuten Konfliktsituation wird, kann auch deeskalierend einschreiten – solange die eigene Sicherheit nicht gefährdet ist. Zum Beispiel so: Klingeln Sie in der Nachbarschaft und bitten darum, mit Ihnen gemeinsam bei dem betreffenden Paar zu klingeln. So unterbrechen Sie eine eskalierende Situation. Wenn Sie Zeugin oder Zeuge einer Auseinandersetzung auf der Straße oder im Hausflur werden, können Sie den Täter oder die Täterin durch eine unverfängliche Frage ablenken, zum Beispiel nach der Uhrzeit oder zu Neuerungen/Renovierungen im Haus, wenn es sich um Personen aus dem eigenen Wohnhaus handelt.
  • Kontaktieren: Versuchen Sie, Kontakt zu der von Gewalt betroffenen Person aufzunehmen und bieten Sie Ihre Unterstützung an. Wenn ein Gespräch zustande kommt, versuchen Sie zu verstehen, wie die betroffene Person sich gerade fühlt und was sie braucht. Geben Sie ihr das Gefühl, nicht allein zu sein, und informieren Sie über Hilfeangebote und Beratungsstellen. Wichtig: Die Kontaktaufnahme sollte so geschehen, dass der Täter oder die Täterin davon nichts mitbekommt. Auch wichtig: Geben Sie der betroffenen Person Raum und Zeit. Bedrängen Sie sie nicht und akzeptieren Sie persönliche Grenzen. Unternehmen Sie nichts gegen den Willen der betroffenen Person – auch wenn es Ihnen schwerfällt. Die einzige Ausnahme: Akute Bedrohung oder Gefahr für die betroffene Person und ihre Familie.
  • Alarmieren: Wenn Sie davon ausgehen müssen, dass Menschen bereits durch akute Gewalt bedroht sind, zögern Sie nicht und rufen Sie direkt die Polizei unter 110.

In jedem Fall gilt: Auch wenn Sie in bester Absicht handeln, sollte dies nie ohne das Einverständnis der betroffenen Person geschehen. Außer, wenn akute Gefahr droht – dann muss die Polizei einschreiten. Und: Wer helfen will, sollte sich nie selbst in Gefahr begeben.

 

Weitere Anlaufstellen gibt es u.a. hier:

  • Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet eine kompetente, anonyme und kostenlose Beratung unter der Nummer 08000-116016 und berät auch Personen, die Hilfe beim Einschreiten gegen Gewalt suchen.
  • Hilfeangebote für Kinder und Jugendliche bieten unter anderem Kinderschutzdienste und der Kinderschutzbund in allen Regionen Deutschlands an. Das Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ ist unter 0800 – 111 0333 anonym und kostenlos von Montag bis Samstag zwischen 14 und 20 Uhr erreichbar.
  • Das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ berät von häuslicher Gewalt betroffene Männer unter der Nummer 0800-1239900. Der Beratung ist kostenlos und anonym. Auch Angehörige, Freundinnen und Freunde oder Fachpersonal können sich an das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ wenden, um Männern zu helfen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Das Hilfetelefon ist bundesweit verfügbar. www.maennerhilfetelefon.de
  • Hilfe für gewaltausübende Menschen Telefonnummer: 0162 – 139 844 3. Die BAG TäHG informiert Menschen, die im sozialen Nahraum gewalttätig geworden sind, auf ihrer Webseite über Hilfsangebote in ihrer Nähe und hat einen Sicherheitsplan für Männer, die Gewalt in Beziehungen ausüben, entwickelt. Der Sicherheitsplan ist auf der Webseite www.bag-taeterarbeit.de in vier Sprachen verfügbar.